Warum Tabak-Joints (biochemisch) absolut keinen Sinn machen

Im Herzen sind die verschiedenen Cannabis-Kulturen weltweit vereint, in der Konsumkultur herrschen jedoch gewaltige Unterschiede. Bedingt durch unterschiedlich stark ausgeprägte Angebotsmärkte, spaltet vor allem ein Thema Cannabis-Konsumenten weltweit: Gehört Tabak in den Joint oder nicht? Heute möchte ich euch mitnehmen auf eine Reise durch die Rauchkulturen und aufzeigen, warum Tabakjoints 2021 einfach nicht mehr zeitgemäß sind.

Zuerst zu den momentanen geografischen Unterschieden beim Cannabis-Tabak-Genuss

Der Atlantik fungiert als natürliche Grenze zwischen dem US-Amerikanischen «Pur-Genuss» und dem Europäischen «Tabakjoint». Traditionell werden in Mexiko und Kalifornien seit einem halben Jahrhundert massive Mengen an Cannabis produziert – genug, um alle leidenschaftlichen Cannabis-Konsumenten in den nordamerikanischen Zielmärkten mit ausreichend Cannabis-Blüten zu versorgen. Es ist die Rede von Überfluss, großem Konkurrenz-Kampf und damit attraktiven Preisen für den Endkonsumenten. Deshalb wird in den Cannabis-Hype-Nationen USA und Kanada Cannabis vorwiegend pur konsumiert. Zigaretten haben es in den nordamerikanischen Gesellschaften allgemein schwer. Losen Tabak findet man nur sehr selten, und wenn zu horrenden Preisen. Die einzige Ausnahme bilden Blunts, also in Tabakblätter eingerollte Cannabis-Blüten. Die Tabakblätter, welche das Papier ersetzen, enthalten natürlich auch Nikotin – jedoch in deutlich geringeren Mengen, als unsere Europäischen Freunde in ihren Joints rauchen.

Dried Tobacco Leaves
Dried Tobacco Leaves (Source)

Tabak-Hochkultur Europa

Und damit werfen wir einen Blick nach Europa. Auf dem Kontinent jahrtausendealter Hochkultur, wo die Römer die Zahnfüllungen erfunden haben oder Isaac Newton die Schwerkraft entdeckt hat oder Michelangelo den David in Stein gemeiselt hat, wird Cannabis traditionell mit Tabak konsumiert. Und dabei wird Tabak in Europa kaum angebaut – muss es auch nicht, denn Tabak ist eines der ältesten Import-Güter und Europa hat den Kolonialismus ja quasi erfunden.

Auch das Rauchen von Zigaretten ist in Europa deutlich verbreiteter als in Nordamerika, was diese Beobachtungen einiger Nutzer des beliebten Expat-Social-Networks Quora erahnen lassen. Auch meine Erfahrungen nach Wohnsitzen in Deutschland, Spanien und der Schweiz zeigen mir, dass in Europa viel mehr Zigaretten und Tabak im Allgemeinen geraucht wird. In Europa gehört der Tabak im Joint damit einfach zum guten Ton und viele Konsumenten wie mein damaliger Blogger-Kollege Daniel von Cannabis-Rausch.de zeigen mit ihren Erzählungen auf, dass sie oft eine gewisse Hassliebe mit Tabak verbinden. Er hat zahlreiche Artikel mit der Überschrift «Fuck you Tabak-Joint» geschrieben, in denen er immer wieder von seinen Anstrengungen berichtete, mit dem Rauchen von Tabak aufzuhören. Immer wieder Rückschläge, verfehlte Ziele und schlussendlich die Kapitulation vor seiner Nikotin-Sucht.

Tabaksucht durch Cannabis-Konzentrate wie Haschisch

Ich selbst war in meinen Anfängen als Cannabis-Patient nie ein Tabak-Raucher, habe in meiner Zeit in Spanien jedoch auch die «Liebe» zum Tabak für mich entdeckt. In einem Umfeld, wo gutes Hasch den Angebotsmarkt dominiert hat, fand ich keinen anderen Weg der Cannabis-Medikation, als das Hasch gemeinsam mit leicht entzündlichem Tabak in Joints zu rollen. Davor habe ich mich in Deutschland aufgehalten, auch hier herrschte der Konsum von Tabak-Joints vor. In Deutschland jedoch eher gemischt mit Cannabis-Blüten statt Cannabis-Hasch.

Wer einmal in Berlin war und das Berliner Amnesia Haze geraucht hat, weiß, dass Cannabis in Europa sehr hohe Wirkstoff-Gehälter enthalten kann. Da in Europa, besonders in Deutschland, Schweden oder Frankreich, Cannabis-Besitz mit hohen Strafen belegt ist, gibt es auch sehr gute Gründe für hochpotentes Gras oder Hasch. Denn für einen Joint gleicher Wirkung benötigt man deutlich weniger der früher illegalen Cannabis-Blüten, wenn sie eine hohe Potenz haben, als wenn die Wirkstoff-Konzentration gering ist. Heißt, es müssen auch nur geringere Mengen transportiert werden und die Strafen fallen beim Erwischt werden geringer aus. Um als Konsument von den hohen Wirkstoffgehältern nicht total überfordert zu sein, hat sich das Mischen mit Tabak zur «Verdünnung» der THC-Konzentration als Lösungsansatz durchgesetzt.

Doch sind Tabak-Joints wirklich die Lösung für ein angenehmeres High?

Tabak-Joints, weil «Ich kann mir pur rauchen nicht leisten» = man belügt sich selbst

Bevor ich aus Deutschland ausgewandert bin, habe ich in meinen Cannabis-positiven Freundeskreisen schnell gemerkt, dass der Tabak im Joint ein wahnsinniger Konsum-Motor ist. Tabak spielt vor allem den Verkäufern von Cannabis-Blüten in die Karten, denn Konsumenten von Tabak-Joints konsumieren Nikotin. Über kurz oder lang entwickeln Tabak-Joint-Konsumenten eine Nikotin-Abhängigkeit, die vom Konsumenten zu allem Überfluss jedoch auch mit der Inhalation von Cannabinoiden assoziiert wird. Das führt dazu, dass nach dem Abflauen des gerade gerauchten Joints, durch das Nikotin, schnell das Bedürfnis nach dem nächsten Joint geweckt wird.

Tabak-Joint-Raucher, die keine Zigaretten rauchen, haben die höchsten Kosten

Denn oftmals ist der aufkommende Suchtdruck nach dem nächsten Joint in Wahrheit die Sehnsucht nach der nächsten Ladung Nikotin. Denn Nikotin als sehr schnell wirkendes Nervengift hat das Potential, im Körper und Kopf eine nahezu sofort einsetzende Wirkung auszulösen. Sie reicht von einem kurzen aktivierenden «Kick» bis zu einem Moment der Entspannung, je nach Situation. Dieses Verlangen nach Nikotin könnte jedoch auch mit einer Zigarette, einem IQOS oder eine E-Zigarette befriedigt werden, was in vielen Fällen die deutlich günstigere Variante als ein neuer Tabak-Joint darstellt.

Über dieses Thema habe ich in letzter Zeit mit vielen Menschen gesprochen; Viele, die auch erst seit kurzer Zeit mit dem Tabak-Konsum aufgehört haben. Eine Beobachtung teilen wir dabei alle: Am Ende des Tages rauchen Tabak-Joint-Raucher deutlich mehr Cannabis, als Pur-Raucher. Das hat mehrere Gründe.

Wie diese peer reviewed Studie beispielsweise belegt, hemmt der regelmäßige Nikotin-Konsum die Belohnungsfunktion in unserem Gehirn, wenn gerade Nikotin-Entzug herrscht, also gerade kein Tabak geraucht wird.

The decrease in brain reward function experienced during nicotine withdrawal is an essential component of nicotine addiction and a key barrier to abstinence.

Das hat zur Folge, dass die Belohnungs-Funktion des Gehirns nur bedingt zur Verfügung steht, wenn ein regelmäßiger Tabak-Konsument einen puren Cannabis-Joint raucht. Dadurch, dass Nikotin im Gegensatz zu THC oder anderen Cannabinoiden seine Wirkung sehr schnell entfaltet und auch sehr schnell wieder abklingt, wird kurzzeitig eine große zur Verfügung stehende Menge Dopamin freigesetzt. Das THC, welches deutlich länger für die Freisetzung von Dopamin im Körper zur Verfügung steht, kann dann keine ausreichenden Mengen Dopamin mehr freisetzen, welche zur Überschreitung der Belohnungs-Schwelle im Gehirn nötig wären.

Und wenn wir uns noch einmal auf oberes Zitat besinnen, stellen wir zu allem Überfluss fest, dass die Schwelle der Belohnung bei nikotin-abhängigen Menschen im Entzugs-Zustand zusätzlich noch deutlich höher ist als bei Menschen ohne Nikotin-Sucht – es braucht also umso mehr belohnungsfördernder Substanzen wie beispielsweise THC, um die Schwelle zum gefühlten Glück zu überschreiten.

Fazit: Tabak hat in Cannabis-Produkten nichts zu suchen, auch wenn es den Cannabis-Verbrauch lukrativ ankurbelt

Auch wenn das Verlangen nach dem nächsten Joint in Verbindung mit Tabak ungleich höher ist als beim Rauchen purer Joints, sollte dieser Zusammenhang nicht von der Industrie ausgenutzt werden. In der Schweiz gibt es mit den beliebten Heimatzigaretten zum Beispiel so ein Produkt, worin sich 20% CBD-Cannabis-Blüten und 80% Tabak-Verschnitt befinden. Der Konsument wird durch das Produkt körperlich abhängig gemacht und sehnt sich nach immer neuen Tabak-Joints, um sein Verlangen zu befriedigen.

Im Sinne der Gesundheit des Konsumenten und Kunden sind pure Joints damit die vergleichsweise gesündere Option. Denn bei jedem Rauchvorgang, egal ob mit oder ohne Tabak, werden jede Menge giftige und krebserregende Stoffe frei, wie bspw. Benzol. Wenn es also schon die Möglichkeit des Rauch-Konsums gibt, sollte das Rauchen zumindest minimiert werden, um die Gesundheit zu schützen. Während CBD beispielsweise den Suchtdruck sogar senkt und somit der Griff zum nächsten Joint sogar verzögert wird, baut Nikotin ein unnötig hohes Suchtpotential auf.

Natürlich ist es aus Konsumenten-Sicht sehr schwer, sich das Rauchen von Nikotin abzugewöhnen. Jedoch kann der Konsum von purem CBD eine Hilfe beim Abgewöhnungsprozess darstellen. In dieser Studiebeispielsweise haben Nikotin-Abgewöhner durch tägliche CBD-Einnahme 40% weniger Zigaretten am Tag geraucht als die Kontroll-Gruppe, welche kein CBD eingenommen hat.

Wer sich das Rauchen von Tabak erfolgreich abgewöhnt hat, kann innerhalb kurzer Zeit körperliche Verbesserungen an sich feststellen. Nach einem Monat beginnt bereits die Lungen-Regeneration. Nach 10 Jahren ist die Chance, an einem tödlichen Lungenkrebs zu sterben, bereits halbiert. Nach 20 Jahren haben sich alle vom Tabak-Konsum geschädigten Zellen bereits soweit regeneriert, dass die Sterberisiken gleich niedrig sind wie von einem Menschen, der in seinem Leben nie geraucht  hat.

 

ps: Und für alle, die sich das Pur Rauchen „nicht leisten können“: Es gibt hervorragende Tabak-Ersatzstoffe oder günstige CBD-Blüten-Mischungen genau für diesen Zweck; Als Ersatz für Tabak.

 

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