Cannabis und ADHS

Cannabis zählt mittlerweile als Wunderheilmittel gegen die verschiedensten Krankheiten und Leiden. Was wissenschaftlich noch nicht belegt ist, weil wissenschaftliche Studien enorm viel Geld kosten, hat bei Patienten schon viel Gutes bewirkt. Cannabis wird zurzeit gegen alles Mögliche genommen. Gegen Migräne, gegen Rückenschmerzen, gegen Fibromyalgie oder auch gegen ADHS. Und um eben jene Korrelationen zwischen Cannabis und ADHS soll es in diesem Artikel gehen.

Was ist ADHS überhaupt?

ADHS ist nicht das „Zappel-Philipp-Syndrom“, keine Modediagnose und auch keine Persönlichkeitsstörung. Denn auch wenn an den Bezeichnungen etwas dran ist – die Begriffe sind mit Vorurteilen besetzt und wirken gegenüber Patienten despektierlich. Unterm Strich heißt ADHS nichts anderes als Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung.
Und was kann man sich darunter vorstellen? Die Seite adhs.de schreibt treffend:

ADHS ist keine Krankheit wie Masern oder Mumps, die man eindeutig nachweisen oder ausschließen kann. ADHS hat eher Ähnlichkeit mit Übergewicht oder Bluthochdruck. Wenn man davon zu viel hat, wird es kritisch.

[Diese Definition ist zwar treffend, aber an der Stelle weiß ich immer noch nicht, was ADHS genau ist bzw. wie man es erkennt. Ich gehe also am besten einen Schritt weiter in Richtung Symptome, um die Sache greifbarer zu machen.]

ADHS äußert sich in unterschiedlichen Symptomen, die bei unterschiedlichen Menschen getrennt voneinander auftreten können. Ein ADHS-Patient kann zum einen rein hyperaktiv-impulsiv sein, also unruhig, zappelig und sehr redselig. Zum anderen kann ein Betroffener auch rein aufmerksamkeitsgestört sein, dabei fällt vor allem häufiges Träumen oder Abschweifen von einer Tätigkeit auf. Dieses Symptom wird häufig missbraucht, um die Smartphone-affine Generation Z „Generation ADHS“ zu nennen. Eine dritte Gruppe vereint die beiden Symptome und ist sowohl aufmerksamkeitsgestört, als auch hyperaktiv.

Es gibt zwei Arten

Die Betroffenen, die nur unter Konzentrations- bzw. Aufmerksamkeitsstörungen leiden, haben je nach Definition kein ADHS, sondern ADS. Also das Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom. Dieses wird oftmals nicht erkannt, weil Konzentrationsstörungen in der Gesellschaft nicht als krankheitsbedingt, wohl aber als Schwäche angesehen werden. Eher wird einem Betroffenen unterstellt, er solle sich besser anstrengen oder weniger am Smartphone spielen, um sich besser konzentrieren zu können. Vor allem Kinder leiden unter diesen Fehleinschätzungen, da sie Situationen viel schlechter einschätzen können. Oft leiden sie dann stark unter Kategorisierung und Stigmatisierung und suchen den Fehler bei sich selbst. Das führt häufig zu sozialen Problemen oder Depressionen. Deshalb mein vorzeitiger Appell an alle Eltern da draußen: Wenn sich euer Kind schwer mit den Hausaufgaben herumquält oder nicht lange stillsitzen kann – bitte keine Vorwürfe machen, bis ein Arzt sich der Sache angenommen hat. Denn nur eine genaue Diagnostik kann ergeben, ob das Kind unter ADHS leidet oder einfach nur mehr Bewegung oder Rückzugsorte benötigt.

Jetzt ging es kurz um Kinder, jedoch sei eines gesagt: ADHS ist keine Kinder-Krankheit. Unter ADHS leiden alle Altersschichten. Zwar bildet sich ADHS bei manchen Menschen in der Pubertät zurück, jedoch wird dies oft als falsches Zeichen gesehen. In vielen Fällen wechseln einfach nur die Symptome, erwachsene Betroffene leiden nicht mehr so stark an ungebändigtem Bewegungsdrang, sondern vermehrt an Konzentrationsstörungen. Das zeigt sich häufig in Vergesslichkeit, Schusseligkeit oder Unorganisiertheit.

Was sind die Ursachen für ADHS?

ADHS ist natürlich nicht zu vergleichen mit einem viralen Infekt oder einer Allergie. Für ADHS sind also keine äußeren Einflüsse verantwortlich. Oder doch? Ganz so einfach ist die Sache nicht. Denn obwohl ADHS nicht durch Pollen oder Viren „ausgelöst“ wird, können psychosoziale Einflüsse ADHS in seiner Entwicklung stark beeinflussen. Etwa Familie und Schule können die Entwicklung von ADHS elementar steuern. Stress gilt dabei als großer, negativer Faktor. So wird die Ausprägung von ADHS stark durch Familienstreits oder getrenntlebende Eltern beeinflusst, aber auch durch niedriges Familieneinkommen, häufiges Kritisieren oder inkonsequente Erziehung ohne Regeln.

Ein weiteres Kriterium, welches die Ausprägung von ADHS fördert, ist die Schwangerschaft. Nikotin, Alkohol und andere Drogen fördern vermutlich ADHS. Dies gilt jedoch noch nicht als wissenschaftlich gesichert – was nicht heißt, dass die Sorge unberechtigt wäre!

Laut einigen Studien sollen auch erbliche Faktoren Einfluss auf die Ausbildung von ADHS haben. Bei zweieiigen Zwillingen wiesen zum Beispiel 30% der Test-Pärchen die gleiche Symptomatik auf, bei eineiigen sogar 80%!

Warum hilft Cannabis gegen ADHS?

Um zu verstehen, warum Cannabis gegen ADHS hilft, sei zuerst geklärt, wie ADHS an sich im Körper wirkt. Forscher und Ärzte sind sich heute immer einiger, dass ADHS durch eine Störung der chemischen Signalübermittlung verursacht wird. In einer Studie wurde festgestellt, dass die Hälfte der untersuchten ADHS-Patienten eine Anomalie der Neurotransmitter Noradrenalin und Dopamin aufweisen.
Dopamin-Mangel ist übrigens der Schlüssel zur heilenden Wirkung von Cannabis, aber dazu später mehr.

Aber warum tritt bei ADHS-Patienten dieser Mangel an „Glückshormonen“ auf? Darüber sind sich die Wissenschaftler noch uneinig. Viele Experten nehmen jedoch an, dass ADHS-Patienten zu viele Dopamin-Transporter in bestimmten Gehirnregionen ausbilden. Das führt dazu, dass sich in synaptischen Spalten gelagertes Dopamin schneller entfernt, als bei gesunden Menschen. Deshalb tritt ein doppaminmangel auf.

Doch nicht nur der Dopamin-Mangel ist eine Ursache, zumal er nicht bei allen ADHS-Patienten ausschlaggebend für das Syndrom ist. Deshalb haben einige Forscher untersucht, woran es liegen könnte, dass ADHS-Patienten oft anders bzw. ungewöhnlich auf Belohnungen oder Bestrafungen reagieren. Also wurden die Gehirnareale untersucht, in denen das Motivations- und Belohnungszentrum beherbergt ist. Es hat sich herausgestellt, dass viele der untersuchten Patienten eine besonders geringe Dichte an Dopamin-Rezeptoren in diesen Arealen aufwiesen. Auf Deutsch: Es herrscht kein Dopamin-Mangel, es fehlen schlicht die Andockstellen für das Dopamin.
Diese Anomalie hat zur Folge, dass auch viele nachgelagerte Funktionen beeinträchtigt werden. Zum Beispiel das Defizit an Aufmerksamkeit korreliert direkt mit diesem Sachverhalt.

Cannabis hebt das Glückslevel

So, und jetzt kommt das Cannabis ins Spiel. Noch mal in aller Kürze zusammengefasst, ist das „Glücks-Level“ bei ADHS-Patienten viel weiter unten als bei gesunden Menschen.
Das liegt teilweise am Dopamin-Mangel. Dieses „Glücks-Level“ kann Cannabis bekanntermaßen steigern, denn durch die Aufnahme von THC wird Dopamin freigesetzt. Wer bis jetzt aufgepasst hat, wird sich aber wundern: Denn lag das Problem nicht bei den vielen Dopamin-Transportern und der geringen Dichte an Dopamin-Rezeptoren? Richtig, genau so ist es. Doch Cannabis ist nicht von ungefähr solch ein gehyptes Medikament, wenn es nicht eine Lösung dafür hätte: Das Endocannabinoid-System. Zwar ist das Vorhandensein dieses alternativen Nervensystems kein Verdienst der Pflanze an sich, aber es ist quasi der Schlüssel zum Schloss in unserem Körper.
Das THC der Schlüssel, das Endocannabinoid-System das Schloss.

Trifft THC auf die Rezeptoren des Endocannabinoid-Systems, so wird für den Zeitraum der Wirkung relativ viel Dopamin freigesetzt. Deshalb sind die meisten Cannabis-Konsumenten ja auch ziemlich glücklich und high beim Kiffen.
Der ADHS-Patient erreicht durch den THC-Konsum jedoch erst einmal das normale Glücks-Level, also das Level, auf dem sich gesunde Menschen nüchtern befinden.

Chart showing dopamine levels of adhd and neurotypical patients
Dopamin-Level Grafik bei ADHS-Patienten und gesunden Menschen

Es ist naheliegend, jedoch noch nicht wissenschaftlich erforscht, dass die nun wieder hergestellte Dopamin-Balance im Gehirn auch die Folgen der geringen Dopamin-Rezeptoren-Dichte im Belohnungszentrum vermindern kann. So konnte in einer Studie festgestellt werden, dass besonders hyperaktive und impulsive Verhaltensmuster beim Cannabis-Konsum zurückgingen.

Was sagt der Cannabis Patient?

Auf der Cannabis Normal! Konferenz habe ich die Gelegenheit genutzt und mich mit einem ADHS-Patienten ausgetauscht. Er bestätigte die Theorie zum Dopamin-Level, auch er braucht einiges an Cannabis für ein akzeptables Wohlfühlklima. Um richtig high zu werden, braucht er schon weitaus mehr Cannabis als beispielsweise ich als Normalo.

Ein weiteres „Problem“ stellt für ihn die große Menge des zu konsumierenden Cannabis dar. Als Lösung dafür hatte er auf der Konferenz leckeres Wachs dabei, welches er mit einem Glätteisen aus dem Pedanios 22/1 extrahiert hat. Apotheken-Dab für Feinschmecker! So kann er sich über den Tag in geringen Dosen medizinieren und muss keine unnötigen Schadstoffe einatmen.

Nach einem langen Streit bekommt er das Cannabis übrigens von der Krankenkasse bezahlt, ADHS-Patienten sollten sich also nicht klein machen – ihr habt das Recht auf eure Medizin abseits von Ritalin!

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